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Strecke 6710: Frieda-Tunnel

Text und Farb-Fotos von Karlheinz Dörner

Ostportal des Frieda-Tunnels (Foto: Karlheinz Dörner)   Westportal des Frieda-Tunnels (Foto: Karlheinz Dörner)
Westportal
Ostportal
 

Westportal des Friedatunnels (Sammlung: Reiner Heidemann) Westportal
(Ca. 1970, Sammlung: Reiner Heidemann)

Der Frieda - Tunnel (Bauzeit: 1876/78) liegt zwischen Geismar und Schwebda (zwischen ehemaligen Frieda - Viadukt und Schwebda) ca. 800 Meter vor dem ehemaligen Bahnhof Schwebda. Er liegt im Kalkstein des großen Dachsberges und ist mit Mischwald bestanden. Der Ausbau des Tunnels erfolgte mittels Holzzimmerung, vorzugsweise im Wandrutenbau. Als Baumaterial für die Widerlager wurden Sandstein - Bruchsteine mit Werkstein - Verblendung verwendet, für das Tunnelgewölbe Sandstein - Werksteine. Die Gesamtkosten für den Tunnel betrugen 1.392.782 Mark. Davon wurden 19.103 Mark für die beiden Tunnelportale aufgewendet. Die Kosten pro lfd. Tunnelmeter, ausschließlich der Tunnelportale, betrugen demzufolge 1290 Mark. Der Tunnel verlor durch die Sprengung des Frieda - Viadukts am 3. April 1945 seine Bedeutung, weil alle Haltepunkte nach seinem östlichen Ausgang nicht mehr erreichbar waren.
Der Tunnel diente noch bis März 1984 der Eisenbahnversuchsanstalt Minden als Klimakammer für wärmetechnische Messungen, um die Isolation von Fahrzeugen (Kühlwagen, Reisezugwagen mit Klimaanlage) zu testen. Auch der erste ICE stattete dem Tunnel zum Isolationstest einen Besuch ab. Für die Versuche wurde der Tunnel auf der Geismar zugewandten Seite geschlossen, später auch der Zugang von Schwebda. Im März 1984 wurde Einsturzgefahr festgestellt und der Tunnel teilweise verfüllt. Die Portale mit ihren jeweils zwei Türmchen sind jedoch gut erhalten. Zu erreichen ist das östlicheTunnelportal über Forstwege von Frieda aus. Das westliche Portal ist bereits vom Bf Schwebda zu sehen und hat mit dem Schloß Wolfsbrunnen am Hang des Dachsberges noch einen weiteren Blickfang.
Die Inbetriebnahme der Tunnel erfolgte mit der Streckeneröffnung am 15.Mai 1880. Als man mit den Tunnelbauten begann, lagen erst wenige Erfahrungen vor. Es ist zwar nicht aktenkundig, in welcher Bauweise die Tunnel errichtet wurden, jedoch ist anzunehmen, daß sie wie der erste Thüringer Tunnel in Förtha in bergmännischen Stollenvortrieb entstanden sind, der später sogenannten "österreichischen Methode". Das Widerlager - und Gewölbemauerwerk wurde aus Kalk- und Sandsteinbruchsteinen hergestellt. Die Steine wurden im geringen Umfang beim Tunnelausbruch gewonnen und an Ort und Stelle verarbeitet. Sohlengewölbe waren nicht vorhanden. Wo standfestes Gebirge anstand, wurden anstelle der Widerlager vielfach Mauerwerkspfeiler und Nischen (jeweils 3 bis 4 Meter breit) im Wechsel hergestellt, die mit Bögen überdeckt bis zur Kämpferlinie der Gewölbe reichten. Die Tunnel waren anfangs nicht abgedichtet. Etwa ab 1910 wurde dies abschnittsweise mit gleichzeitigen Versatz der über den Gewölben offen gebliebenen Hohlräumen nachgeholt. Dieser bauliche Mangel war Ursache für viele Schäden, die schon nach 20 Jahren auftraten. Durchfeuchtungen des nichtisolierten Mauerwerks führten zu Auswaschungen des Fugenmörtels und zu Schäden durch Frostabsprengungen. Firsteinbrüche in wenig standfesten Gebirgsabschnitten hatten Gewölbe- und Widerlagerverformungen zur Folge. So wurden schon ab der Jahrhundertwende zahlreiche Ausbesserungen notwendig, die meist in Klinkermauerwerk ausgeführt wurden. Diese Erneuerungsarbeiten waren oft nicht ungefährlich und führten im druckhaften Gebirge zum Bruch der Aussteifungshölzer und zu Felseinbrüchen, die sich an der Geländeoberfläche über den Tunneln meist als Erdfälle unterschiedlichen Ausmaßes zeigten. Bei den Erneuerungsarbeiten wurde auch mancherorts festgestellt, daß die Mauerwerksdicken zu gering bemessen waren und den statischen Belastungen nicht standhalten konnten. An manchen Stellen war auch der Felsausbruch beim Bau so gering hergestellt worden, daß statt eines ausreichend dimensionierten Widerlagermauerwerks nur eine dünne Schale Bruchsteinmauerwerk vor dem anstehenden Fels vorgeblendet wurde. Gewiß war auch oft eine mangelhafte Arbeitsausführung feststellbar, aber ein Kardinalfehler war die entsprechend der komplizierten geologische Verhältnisse prinzipiell zu schwache Ausführung der Ausmauerung. Bis zum Beginn der vierziger Jahre wurden fast jährlich umfangreiche Reparaturen und Erneuerungen notwendig. Dann wurden mehr als ein Jahrzehnt kaum noch Reparaturen vorgenommen. Ab Mitte der fünfziger Jahre wurden die Tunnel mit erheblichen Aufwand gründlich instandgesetzt, schadhaftes Mauerwerk erneuert und auch Oberbauerneuerungen durchgeführt. Durch periodische Überwachungen und Überprüfungen werden Schäden frühzeitig erkannt und rechtzeitig behoben.

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Alter Tunnel neu benutzt (aus DB-Blickpunkt 5/1974)

Ein seit dem Jahre 1945 nicht mehr benötigter alter Durchstich östlich von Eschwege (an der »Kanonenbahn«), der Frieda-Tunnel, hilft der DB zu sparen. Dieser Tunnel wird heute als natürliche Klimakammer für zahlreiche wärmetechnische Versuche benutzt, die sonst in der Klimakammer des Forschungs- und Versuchsamtes (ORE) des Internationalen Eisenbahnverbandes in Wien durchgeführt werden müßten und dort mit erheblich höheren Kosten verbunden wären. Selbst die modernsten Reisezüge der DB gelangen zunächst in den stillgelegten Frieda-Tunnel, bevor sie für den fahrplanmäßigen Einsatz freigegeben werden. Beispielsweise war im Jahr 1974 das damalige Paradepferd der DB, der elektrische Triebwagenzug ET403 zu Gast in dem 1.066 Meter langen Tunnel, dessen Portale vor einiger Zeit geschlossen worden waren, um den Wärmeaustausch zwischen Tunnel und Außenumgebung noch mehr als bislang einzuschränken.
ET403 vor dem Frieda-Tunnel (Foto: Ralf Roman Rossberg) Die Messungen, welche in der unterirdischen Anlage seit mehr als 30 Jahren durchgeführt werden, unterliegen seit einiger Zeit strengeren internationalen Vorschriften und dürfen nur noch bei Temperaturen von max. 10 Grad Celsius vorgenommen werden.
Als die Tunnelportale noch offen standen, schwankten die Temperaturen im Innern des unterirdischen Bauwerks zwischen etwa 6 Grad im Winter und 12 bis 13 Grad im Sommer. Nachdem nun die Öffnungen verschlossen sind, genügt jetzt der Tunnel sogar den strengeren Anforderungen.
Neben nahezu sämtlichen modernen Reisezugwaggons, in deren Entwicklung seit dem letzten Weltkrieg der Frieda-Tunnel eingeschaltet war, werden vorwiegend Kühlwagen auf ihre Wärmeisolierung untersucht. Umderen Güte zu ermitteln, wird auf ein relativ einfaches Verfahren zurückgegriffen.
Mit Wärmegeräten und Ventilatoren werden die Innenräume der Fahrzeuge auf einen genau 30 Grad über der Tunneltemperatur liegenden Wert aufgeheizt.
Während des Versuchs, der 48 Stunden dauert, wird dieser Temperaturwert ständig konstant gehalten und die hierfür erforderliche Energiemenge gemessen. Genau soviel geht nämlich durch Wagenwände, Dächer und Fußböden verloren. Bei guter Isolierung ergibt sich ein geringer, bei schlechter ein höherer Meßwert.
Daß sich die DB überhaupt hier, dicht vor der Grenze zur DDR, mit ihrer Klimakammer etabliert hat, ist eigentlich dem Zufall zu verdanken. Die zur Abteilung Wärmetechnik der DB-Versuchsanstalt Minden/Westfalen gehörende Meßgruppe war während der Wirren des Kriegsendes von Berlin nach Göttingen verschlagen worden und hatte von dort aus in der Umgebung neue Arbeitsmöglichkeiten erkundet.
ET403 im Frieda-Tunnel (Foto: Ralf Roman Rossberg) Bei dieser Gelegenheit war der Trupp auf den Tunnel gestoßen (Ca. 500 Meter hinter dem Tunnel befand sich eine gesprengte Brücke über das Frieda-Tal, nach weiteren 1.000 Metern durchschnitt die Grenze zur DDR die Bahntrasse). Seither ist hier kein Zug mehr gefahren, dennoch aber nahezu jedes neuentwickelte Fahrzeug einmal zu sehen gewesen.
Die Messungen im Frieda-Tunnel bei Schwebda werden durchgeführt durch die Meßgruppe 1 der Abteilung für Wärmetechnik der DB-Versuchsanstalt in Minden / Westfalen. Zu den Aufgaben dieser Meßgruppe gehören einmal die wärmetechnischen Untersuchungen an den Heizungs- und Klimaanlagen von Reisezugwagen, Lokomotiven und Triebwagen sowie die Untersuchung von Kühlwagen.
Da sämtliche Kühlwagen in Serien gebaut und damit eine bestimmte Anzahl von Waggons einander gleich sind, überwacht man die Güte der Isolierung einer ganzen Serie, wenn man einige wenige Wagen dieser Gruppe laufend untersucht. Bei der DB finden die Prüfungen von solchen Kontrollwaggons deshalb jedes halbe Jahr statt. Da nicht nur konstante Temperaturen herrschen müssen, sondern die Luftgeschwindigkeit an der Meßstelle einen ganz bestimmten Wert nicht überschreiten darf, wurde das eine Tunnelende mit einer einfachen Bretterwand abgedichtet (Ende der 60er Jahre durch eine massive Wand mit Stahltür ersetzt).
Der eigentliche Meßplatz für die Kühlwagen (und die anderen Fahrzeuge) befindet sich genau in der Mitte des Tunnels, als etwa 500 Meter vom Tunneleingang entfernt. Von der Meßstelle führen Meßkabel zu dem vor dem Tunnelportal (neben dem Einfahrtgleis) stehenden Meßwagen, wo die anfallenden Daten auf automatisch schreibenden Anzeigegeräten registriert werden. Danach erfolgt die eigentliche Auswertung. Wegen der steigenden Zahl von Kühlwagen-Untersuchungen war ein Ausbau und eine Vergrößerung der Meßanlage im Tunnel für die nächste Zeit vorgesehen, was inzwischen wohl verwirklicht worden ist.
(Im März 1984 wurde Einsturzgefahr festgestellt, es wurde dann in Minden eine neue, die noch strengeren Anforderungen erfüllende, Meßanlage gebaut, der Tunnel stand dann leer. Vor einigen Jahren wurde der Tunnel wegen Einsturzgefahr teilweise verfüllt, beide Portale wurden "fledermaustauglich" verschlossen.)

Der Text (die Anmerkungen in Klammern sind vom Betreiber der Webseite) und die beiden Bilder wurden mit freundlicher Genehmigung dem Buch: Tunnel in Deutschland, Orell Füssli Verlag, Zürich, 1980 entnommen.

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Fotografiert von VSO im November 2002
(Ein Klick ins Bild öffnet ein größeres Bild)
 
Fledermaustaugliches Westportal des Friedatunnels (Foto: VSO)
Fledermaustaugliches Westportal
  Detail am Westportal des Friedatunnels (Foto: VSO)
Detail am Westportal
 
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